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Kreuzerhöhung

Dr. Augustin Sokolovski

Am vierzigsten Tag nach der Verklärung feiert die Kirche die Kreuzerhöhung Jesu. Dieser Feiertag ist ein allgemeiner christlicher Feiertag, der nach der alten Tradition des ersten Jahrtausends der Geschichte des Christentums im Osten und im Westen gefeiert wird. In der orthodoxen Kirche gehört die Erhöhung wie die Verklärung zu den zwölf wichtigsten liturgischen Feiern. Beide Feiertage sind Jesus von Nazareth gewidmet und werden in der Sprache des Gottesdienstes und der Theologie „Herrenfeste“ genannt.

Wie die Verklärung steht auch die Erhöhung nicht in direktem Zusammenhang mit der Geschichte unserer Erlösung, das heißt, sie gehört nicht zu den Schlüsselereignissen der göttlichen Ökonomie auf Erden. Mit anderen Worten: Sowohl die Erhöhung als auch die Verklärung hätten möglicherweise nicht stattgefunden.

Darin liegt der grundlegende Unterschied zwischen diesen beiden Festen und den Festen von Mariä Verkündigung, Weihnachten, Taufe Christi, Einzug des Herrn in Jerusalem, Himmelfahrt und Pfingsten, ohne die die Heilsgeschichte in der Form, wie wir sie aus dem Neuen Testament kennen, dogmatisch undenkbar ist. Schließlich bestimmen diese Feste die Hauptpunkte der Erlösung in Jesus Christus.

Die Verklärung und die Erhöhung bilden im liturgischen Kalender auch semantisch eine besondere Einheit. Das ermöglicht den Gläubigen, das Ereignis der «Herrlichkeit des Herrn am Kreuz» außerhalb der Abfolge von Karwoche und Auferstehung zu betrachten. Es bietet sich demzufolge die Möglichkeit, die Ereignisse der weltlichen Geschichte und des Alltagslebens aus der Perspektive der Erlösung in Christus zu verstehen.

Erinnern wir uns daran, dass die Geschichte der Verklärung erzählt, wie der Herr vor den Aposteln Petrus, Jakobus und Johannes verwandelt wurde. In diesem Moment der größten Herrlichkeit Jesu sprachen die Propheten Mose und Elia mit ihm, und die Stimme des Vaters, die bereits einmal bei der Taufe durch Johannes gehört worden war, erklang erneut (vgl. Mt 17,5). Dem Evangelium zufolge verkündete Jesus unmittelbar nach der Verklärung seinen Jüngern, dass er verraten und getötet werden würde (vgl. Markus 9,12).

Das Fest der Erhöhung des Kreuzes erinnert daran, wie die Mutter Kaiser Konstantins, Helena (250-330), im Jahr 326 in Jerusalem das Heilige Kreuz fand, an dem Jesus einst gekreuzigt wurde. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass das Kreuz als solches zu dieser Zeit noch ein Hinrichtungsinstrument und ein Symbol für den schändlichen Tod war, was die Christen selbst lieber nicht so bezeichnen wollten. Der Legende nach wurde das historische Kreuz Jesu von Ungläubigen versteckt und buchstäblich absichtlich an einem obszönen Ort „begraben“. Die Entdeckung des Standorts des Heiligen Kreuzes kostete Helena und den sie begleitenden Christen viele Gebete und große Arbeit. Aus diesem Schweigen und der Demütigung, der Herabwürdigung Gottes, in der theologischen Sprache „Kenosis“ genannt, entstand angesichts der Entdeckung des Kreuzes und seiner Erhöhung ein großer Triumph. Drei Jahrhunderte nach der Kreuzigung triumphierte die Auferstehung Christi in der Kreuzerhöhung.

Im semantischen Sinne ergänzen sich also Verklärung und Erhöhung, aber ihre Vektoren sind gewissermaßen entgegengesetzt. Die Verklärung ist von der Herrlichkeit zum Kreuz gerichtet, die Erhöhung erfolgt vom Kreuz zur Herrlichkeit. Den Zeitgenossen schien es, dass das Ereignis der Erhöhung den endgültigen und unwiderruflichen Triumph des orthodoxen Christentums im Römischen Reich und in der Weltgeschichte markierte. `Das offizielle Bekenntnis des Reiches` wurde zur Definition der Orthodoxie und es entstand die allgemeine Überzeugung, dass das wahre Reich ewig ist und es nur eines geben kann.

Erinnern wir uns daran, dass das Ereignis der Erhöhung selbst am Tag nach der Weihe des Auferstehungstempels in Jerusalem im Jahr 336 stattfand. Helena selbst erlebte es nicht mehr.

Drei Jahrhunderte später wurde Palästina von Persien verwüstet und das Kreuz gefangen genommen. Seine Rückkehr im Jahr 628 nach 14 Jahren Gefangenschaft nach Jerusalem unter Kaiser Heraclius (610–641) wurde zur „Neuen Erhöhung“ und zur Erneuerung des Feiertags.

Es blieben nur noch wenige Jahre bis zur Eroberung der Heiligen Stadt durch muslimische Araber. Nach der gegenseitigen Zerstörung beider Reiche im Römisch-Persischen Krieg begann die rasche Ausbreitung des Islam. Die Teilnehmer der großen Feierlichkeiten der „Wiedererhöhung“ konnten jedoch einfach nichts davon wissen. Es ist wichtig, die Relativität jeder irdischen Feier, auch religiöser, besonders in unserer postmoderner Zeit nicht zu vergessen.