Augustinus Sokolovski
Am 9. (22.) Oktober feiert die Kirche das Gedenken an den heiligen Apostel Jakobus, Sohn des Alphäus. Der heilige Jakobus war einer der zwölf Jünger, die der Herr während seines irdischen Dienstes auswählte, um die Ankunft des Evangeliums des Königreichs zu predigen und die Menschen darauf vorzubereiten, ihn als Messias anzunehmen.
Über den Apostel Jakobus wissen wir sehr wenig. Er wird nur einmal erwähnt, wenn die zwölf Jünger im Evangelium aufgelistet werden, und auch unter den Aposteln, die am Vorabend der Herabkunft des Heiligen Geistes in Jerusalem „gebetend und flehentlich“ waren (Apostelgeschichte 1:13). Jedes Mal steht sein Name an neunter Stelle in der Liste der Zwölf.
Der Überlieferung zufolge war Jakobus der Sohn des Alphäus, eines frommen Juden, der auch an Jesus glaubte. Jakobus‘ Bruder war Matthäus, der uns nicht nur das Evangelium hinterließ, sondern Jakobus selbst dazu brachte, Christus zu folgen. Nach der Auferstehung und Pfingsten predigte Jakobus Christus in Palästina und den Nachbarländern und wurde auf dem Weg nach Ägypten von Gegnern des Evangeliums getötet.
Bei der Feier des Gedenkens an den heiligen Apostel Jakobus ist es wichtig zu wissen, dass wir in den Texten des Neuen Testaments mehreren Jüngern des Herrn begegnen, die mit dem biblischen Namen „Jakobus“ bezeichnet wurden. Neben Jakobus, dem Sohn des Alphäus, sind dies der Apostel Jakobus, der Sohn des Zebedäus, der der Bruder von Johannes war; Jakobus der Gerechte, der Bruder des Herrn, genannt der Gerechte; und auch der Autor des Jakobusbriefs. Ob es Jakobus der Gerechte oder Jakobus, der Sohn des Alphäus, war, wissen wir nicht genau. Es gibt auch eine begründete Meinung von Bibelgelehrten, dass der Brief von einem gewissen „vierten Jünger“ namens Jakobus tatsächlich geschrieben wurde.
Beachten wir, dass die alte lateinische Tradition im Laufe der Jahrhunderte Jakobus, den Sohn des Alphäus, mit Jakobus dem Gerechten gleichsetzte, und zwar in einem solchen Ausmaß, dass diese Meinung auf dem Konzil von Trient (1545-1563) allen Katholiken quasi aufgezwungen wurde.
Die orthodoxe Tradition hat konsequent daran festgehalten, dass „unser“ Apostel Jakobus einer der Zwölf ist, und hat ihn nicht mit einem der anderen Jünger des Herrn oder den heiligen Autoren gleichgesetzt. Später, in der Neuzeit, hat die biblische Forschung genau diese Ansicht vertreten. Es ist beeindückend, dass die Vorsehung die orthodoxe Tradition sogar in solchen Auslegungsfragen, die nichts mit dogmatischen Fragen zu tun haben, auf den Pfaden der Geschichte weise gemacht hat.
In seinem Roman über die Erinnerungen und die Melancholie von Konstantinopel — „Istanbul — Erinnerung an eine Stadt“ schreibt Nobelpreisträger Orhan Pamuk (geb.1952) darüber, wie es ihm als Kind vorkam, als lebe irgendwo in der Nähe jemand wie er, aber nur „ein anderer Orhan“. Angesichts der Feier zu Ehren des Heiligen Jakobus ist es wichtig, sich daran zu erinnern, wie Menschen einander verwechseln und manchmal sogar zwingen wollen dies oder das verbindlich zu glauben,